Die Nachteile von Gamification – Warum Gamification nicht funktioniert
Gamification ist ein Begriff, der in den letzten Jahren immer häufiger in der Bildungs- und Arbeitswelt auftaucht. Er beschreibt den Versuch, Lern- oder Arbeitsprozesse mit spielerischen Elementen wie Punkten, Abzeichen, Ranglisten oder Belohnungen zu versehen, um die Motivation, das Engagement und die Leistung der Beteiligten zu steigern. Doch funktioniert Gamification wirklich? Oder ist es nur eine Modeerscheinung, die mehr Schaden als Nutzen anrichtet?
In diesem Artikel möchte ich einige Gründe nennen, warum ich Gamification für eine schlechte Idee halte.
Der erste Grund, warum Gamification nicht funktioniert, ist, daß sie die eigentlichen Ziele von Lernen oder Arbeiten mit oberflächlichen Anreizen ersetzt. Anstatt sich auf den Inhalt, den Sinn oder den Wert einer Tätigkeit zu konzentrieren, werden die Beteiligten dazu verleitet, nur noch auf die Punkte, die Abzeichen oder die Ranglisten zu schauen. Das führt dazu, daß sie die Tätigkeit nur noch als Mittel zum Zweck betrachten und nicht mehr als etwas, das an sich interessant, wichtig oder erfüllend ist.
Ein Beispiel dafür ist das sogenannte „Khan Academy“-Phänomen.
Der zweite Grund, warum Gamification nicht funktioniert, ist, daß sie so uninteressant ist wie das hundertste Spiel, bei dem eine Figur durch leuchtende Kreise läuft, wie Sonic the Hedgehog, und dabei die Zahl der Punkte ansteigt. Es ist einfach leer, Industrieware. Gamification ist kein echtes Spiel, sondern nur eine billige Imitation. Sie kopiert nur einige äußere Merkmale von Spielen, wie Punkte oder Abzeichen, aber ignoriert das Wesentliche: Die Herausforderung, die Kreativität, die Spannung, die Emotionen und die Bedeutung.
Ein echtes Spiel ist mehr als nur eine Ansammlung von Belohnungen. Es ist eine interaktive Erfahrung, die den Spieler in eine andere Welt entführt, in der er seine Fähigkeiten testen, seine Fantasie ausleben und seine Identität ausdrücken kann. Ein echtes Spiel hat eine Geschichte, einen Konflikt, einen Charakter und ein Ziel. Ein echtes Spiel lässt den Spieler Entscheidungen treffen
und Konsequenzen tragen. Ein echtes Spiel fordert den Spieler heraus und passt sich seinem Niveau an. Ein echtes Spiel macht Spaß und Sinn.
Gamification hingegen ist nur eine Manipulationstechnik, die versucht, den Spieler mit extrinsischen Anreizen zu ködern. Sie bietet keine echte Erfahrung, sondern nur eine Illusion von Fortschritt und Erfolg. Sie respektiert nicht die Autonomie und die Individualität des Spielers, sondern versucht ihn zu kontrollieren und zu standardisieren. Sie fördert nicht das Lernen oder das Arbeiten, sondern verhindert es.
Der dritte Grund, warum Gamification nicht funktioniert, ist, daß sie das Problem nicht an der Wurzel packt, sondern nur an der Oberfläche kratzt. Anstatt Gamification zu machen, muß das, was in ein Spiel umgewandelt werden soll, interessanter werden. Gamification soll ein Symptom kaschieren, nicht selten mit erhobenem Zeigefinger, und scheitert daran.
Wenn Lernen oder Arbeiten langweilig, sinnlos oder frustrierend ist, dann liegt das nicht daran, daß es keine Punkte oder Abzeichen gibt, sondern daran, daß es schlecht gestaltet ist. Statt die Beteiligten mit Gamification zu bestechen oder zu bestrafen, sollte man lieber die Inhalte, die Methoden und die Ziele überprüfen und verbessern. Statt sie zu Spielern zu machen, sollte man sie zu Interessierten machen.
Wie kann man das tun? Indem man ihnen relevante und anspruchsvolle Aufgaben stellt, die ihre Neugier wecken und ihre Kompetenz fördern. Indem man ihnen Freiheit und Wahlmöglichkeiten gibt, die ihre Autonomie stärken und ihre Kreativität anregen. Indem man ihnen Feedback und Anerkennung gibt, die ihre Leistung würdigen und ihre Motivation erhöhen. Indem man ihnen Zusammenarbeit und Austausch ermöglicht, die ihre sozialen Beziehungen pflegen und ihre Identität ausbilden.
Das sind die Prinzipien einer guten Lern- oder Arbeitsgestaltung, die auch von der Selbstbestimmungstheorie der Motivation unterstützt werden. Sie haben nichts mit Gamification zu tun, sondern mit Pädagogik oder Psychologie.
Fazit
Gamification ist eine Modeerscheinung, die mehr verspricht als sie hält. Sie funktioniert nicht, weil sie die eigentlichen Ziele von Lernen oder Arbeiten mit oberflächlichen Anreizen ersetzt, weil sie so uninteressant ist wie das hundertste Spiel, bei dem eine Figur durch leuchtende Kreise läuft, und weil sie das Problem nicht an der Wurzel packt, sondern nur an der Oberfläche kratzt.
Anstatt Gamification zu machen, sollte man lieber das Lernen oder Arbeiten interessanter machen. Das erfordert mehr Aufwand und Kreativität, aber es lohnt sich. Denn nur so kann man die Motivation, das Engagement und die Leistung der Beteiligten nachhaltig steigern und ihnen eine echte Erfahrung bieten.
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Foto von Filios Sazeides auf Unsplash